Zusammenfassung
Pipsqueak und GAGA-Faktor
Der Drosophila GAGA-Faktor (GAF) wurde mit verschiedenen, teilweise gegensätzlichen Funktionen in Verbindung gebracht. GAF scheint nicht nur an der Regulation der Expression einzelner Gene beteiligt zu sein,
sondern hat auch Funktionen bei der Organisation übergeordneter chromosomaler Strukturen. So hat GAF Funktionen bei der transkriptionellen Aktivierung und dem Silencing von Genen, blockiert Enhancer und wird
bei der Kondensierung und Trennung der Chromosomen bei der Mitose benötigt. Insbesondere spielt GAF eine Rolle bei der Erhaltung eines aktivierten und reprimierten Zustands homöotischer Gene, hat also sowohl
Eigenschaften von TrxG- als auch von PcG-Proteinen. Diese vielseitigen Funktionen scheint GAF durch Veränderungen der Chromatinstruktur, durch chromatin remodeling, auszuüben.
GA-reiche DNA-Elemente, an die GAF bindet, vermitteln die Effekte von GAF. Diese Sequenzen können auch von einem zweiten Drosophila-Protein, Pipsqueak, erkannt und gebunden werden. Ergebnisse dieser
Arbeit belegen, daß beide Proteine zusammen als Partner agieren.
So sind beide Proteine an polytänen Chromosomen kolokalisiert. Beide Proteine finden sich in einem gemeinsamen Proteinkomplex und binden außerdem direkt über ihre jeweilige BTB/POZ-Domänen aneinander.
Diese Daten wurden zusammengefaßt, und daraus wurde in dieser Arbeit ein Modell entwickelt (Abb. 27), das erklärt, wie Psq und GAF kooperativ als möglicherweise obligatorische Partner an der Kontrolle einer
Vielzahl von Genen beteiligt sein könnten. Ergebnisse genetischer Interaktionsstudien zeigen, daß Psq zusammen mit GAF auch an der Regulation, der Aktivierung und dem Silencing homöotischer Gene beteiligt ist.
Psq hat also ebenfalls sowohl Eigenschaften von TrxG- als auch von PcG-Proteinen.
Darüber hinaus sind Psq und GAF auch an mitotischen Chromosomen vollständig kolokalisiert. Dies deutet darauf hin, daß Psq auch übergeordnete Funktionen chromosomaler Organisation übernehmen und an
mitotischen Prozessen beteiligt sein könnte. Diese Vermutung wird dadurch gestützt, daß psq hier als Enhancer der PEV identifiziert wurde, woraus geschlossen werden konnte, daß Psq, wie auch GAF, an der
Etablierung von Heterochromatin beteiligt ist.
Die hier vorgestellten genetischen, biochemischen und zytogenetischen Daten belegen, daß Psq und GAF als Partner kooperativ an der Kontrolle homöotischer und vieler anderer Gene mitwirken.
Zukünftige Studien zur GAF-Funktion müssen deshalb Psq als neuen Partner mit einbeziehen. Dies könnte neue Erkenntnisse über den Wirkungsmechanismus dieses wichtigen Chromatinfaktors erbringen.
Piefke
In dieser Arbeit ist es gelungen, die Charakterisierung eines weiteren Mitglieds der Psq-Proteinfamilie zu beginnen. Durch Datenbankanalysen konnte piefke als ein neues Gen identifiziert werden, das ein Protein mit
einer Psq- und einer BTB/POZ-Domäne kodiert. Das Gen wurde kloniert und ein rekombinantes Protein bakteriell exprimiert und gereinigt. Damit wurden polyklonale Antikörper generiert.
Diese Antikörper wurden dazu genutzt, die Expression von Pfk näher zu untersuchen. Pfk ist ein kernlokalisiertes Protein, das in Ovarien und in Speicheldrüsen exprimiert wird.
Außerdem ist Pfk an polytänen Chromosomen lokalisiert. Ob das Protein dabei über die Psq-Domäne direkt an DNA bindet, oder lediglich chromatinassoziiert vorliegt, wurde nicht geklärt. Pfk scheint, wenn
überhaupt, nur an wenigen Loci mit Psq/GAF-Komplexen an polytänen Chromosomen kolokalisiert zu sein. Eine partielle Kolokalisierung von Pfk mit HP1 konnte nachgewiesen werden. Diese Kolokalisierung von
Pfk und HP1 umfaßt nicht nur heterochromatische chromozentrische Bereiche, sondern auch euchromatische Regionen.
Diese Lokalisationsstudien ergeben erste Hinweise auf mögliche Funktionen von Pfk bei der Organisation von Chromatinstrukturen. Weiterführende Experimente werden vor allem die Identifizierung von Proteinen
umfassen, die mit Pfk interagieren. Auch wird es wichtig sein, die DNA-Sequenz, an die Pfk bindet, zu identifizieren. Besondere Bedeutung kommt insbesondere der Identifizierung und Charakterisierung von
pfk-Mutanten zu, um funktionelle Daten zu Pfk zu erlangen. |