Zusammenfassung
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In Experimenten mit einem künstlichen Gangsystem wurde das Spurorientierungsverhalten
von Dolichovespula saxonica, Vespula vulgaris und Vespa crabro (Vespinae) verglichen.
Dabei ließ sich nachweisen, daß nicht nur die obligaten Höhlenbrüter
V. vulgaris und V. crabro, sondern auch die typischerweise freihängend nistende
Art D. saxonica Spurpheromone produziert und zur Nestorientierung beim Laufen
in einem Gangsystem einsetzen kann (Kapitel 3).
Die Spur wird vorrangig von jungen, unerfahrenen Arbeiterinnen zur Nestorientierung
genutzt. Erfahrene Arbeiterinnen orientieren sich optisch, im Dunkeln gewinnt
jedoch die Spur auch für sie wieder an Bedeutung. Bei V. crabro orientiert
sich hingegen die Mehrheit der erfahrenen Arbeiterinnen auch im Hellen anhand
der chemischen Spur zum Nest (Kapitel 4).
Als ein weiterer Unterschied zu V. crabro ist die terrestrische Spur bei D. saxonica
und V. vulgaris nicht koloniespezifisch (Kapitel 5). Das unterschiedliche Spurfolgeverhalten
bei V. vulgaris und V. crabro trotz ihres ähnlichen Nisthabitats erklärt
sich aus der Hypothese, daß der Übergang zum Höhlenbrüten
in beiden Arten wahrscheinlich unabhängig voneinander erfolgte. Diese Annahme
wird durch phylogenetische Daten anderer Autoren unterstützt.
Die chemische Analyse der Spur von V. vulgaris ergab, daß sie ausschließlich
aus Kohlenwasserstoffen (C22-C35) besteht, die auch in der Cuticula der Arbeiterinnen
zu finden sind und die des weiteren den Nestgeruch einer Kolonie ausbilden (Kapitel
6). Es wurde die Hypothese entwickelt, daß die Wespen beim Laufen die Substanzen
von der Cuticula an das Substrat abstreifen und den so entstandenen verlängerten
Nestgeruch als Spur nutzen. Diese Überlegung trifft vermutlich auch für
V. crabro zu und erklärt die Existenz einer Spur bei D. saxonica.
Für V. vulgaris konnte durch Biotests verdeutlicht werden, daß der
Nestgeruch einer zeitlichen Veränderung unterliegt. Nestgenossinnen, die
aus dem Nest entfernt und 17 Tage bei -76°C tiefgefroren aufbewahrt worden
waren, wurden von den Arbeiterinnen nicht mehr als kolonieeigen erkannt, sondern
attackiert. Im Gegensatz dazu wurden Nestgenossinnen, die nur einige Stunden tiefgefroren
worden waren, signifikant seltener aggressiv behandelt. In weiteren Versuchen
konnte gezeigt werden, daß eine Änderung des Nestgeruchs über
den Austausch volatiler Komponenten mit dem umgebenden Luftraum erfolgt. Die Nestgerüche
von zwei nebeneinander im selben Luftraum gehaltenen V. vulgaris-Nestern glichen
sich innerhalb von kurzer Zeit aneinander an. Nach 10 Tagen wurden die Arbeiterinnen
der Nachbarkolonie genau so wie Koloniemitglieder, also signifikant weniger aggressiv
behandelt als zu dem Zeitpunkt der vollständigen Trennung beider Nester.
Ein Körperkontakt zwischen den Arbeiterinnen beider Nester war während
der gesamten Zeit verhindert worden. Der Austausch volatiler Nestgeruchskomponenten
über den gemeinsamen Luftraum war daher die einzige Möglichkeit für
die Angleichung der Nestgerüche (Kapitel 7).
Trotz der präzisen Fähigkeit von V. vulgaris zur Erkennung von kolonieeigen
und koloniefremd gelingt es dem parasitoiden Käfer Metoecus paradoxus, während
seines Aufenthaltes innerhalb der V. vulgaris-Wirtskolonie von den Wespen nicht
attackiert zu werden. Der Frage nach einer chemischen Tarnung des Käfers
wurde in chemische Analysen des cuticulären Kohlenwasserstoffprofils von
M. paradoxus im Vergleich mit V. vulgaris nachgegangen. Dabei zeigte sich, daß
der Käfer nur 29 der 95 Verbindungen der Wirtskolonie auf seiner Cuticula
aufweist und er damit das Kohlenwasserstoffprofil seiner Wirtskolonie nur unvollständig
nachahmt. In Biotests wurde jedoch ein kolonieeigener Käfer signifikant weniger
attackiert als ein koloniefremder. Möglicherweise umfassen die 29 von V.
vulgaris nachgeahmten Verbindungen in der Cuticula von M. paradoxus Schlüsselsubstanzen,
die die koloniespezifischen Mengenverhältnisse der entsprechenden Substanzen
bei V. vulgaris imitieren und durch die eine Koloniezugehörigkeit des Käfers
vorgetäuscht wird (Kapitel 8).
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