Zusammenfassung
In der Klinik und Poliklinik für kleine Haustiere der Freien Universität Berlin wurden im Rahmen der vorliegenden Studie 80 Heimtierkaninchen untersucht, die aufgrund von verändertem Futteraufnahmeverhalten bzw. Inappetenz vorgestellt wurden.
Je nach Befund wurden die Kaninchen in drei Untersuchungsgruppen eingeteilt:
Danach handelte es sich um 37 Abszeßpatienten (46 %), 21 Patienten zur Zahn-
korrektur (26 %) und 22 zahngesunde Tiere (28 %).
Von den insgesamt 58 Tieren mit Zahn- und Kiefererkrankungen waren 33 (56,9 %) männlichen Geschlechts. Tendenziell scheinen männliche Tiere also -wie auch in der Literatur bereits mehrfach vermutet- häufiger von den genannten Veränderungen betroffen zu sein.
Die Kaninchen wurden gründlich allgemein und speziell untersucht; der Schädel
jeden Tieres wurde in zwei Ebenen geröntgt.
Anhand der Röntgenaufnahmen wurden 10 Parameter der Mandibula ausge-
messen; es handelte sich hierbei um 8 Strecken und 2 Winkel.
Ziel war es zu überprüfen, ob Kaninchen, die unter Zahn- und Kiefererkrankungen leiden, einen besonders kurzen oder gerundeten Unterkiefer aufweisen bzw. im Umkehrschluß zu prüfen, ob Kaninchen mit einer bestimmten Form oder Länge der Mandibula praedisponiert sind für die genannten Veränderungen.
Im Ergebnis wurde deutlich, daß sich anhand der Kiefervermessungen keinerlei Aussagen zu der jeweiligen Erkrankung des betroffenen Tieres machen lassen, da die Meßwerte für die unterschiedlichen Behandlungsgruppen insgesamt und auch nach Aufteilung in Rassezugehörigkeit sehr eng beieinander lagen.
Den Kaninchen wurde weiterhin Blut entnommen, um die absoluten Serumspiegel für Calcium und anorganisches Phosphor sowie das Calcium-Phosphor-Verhältnis zu überprüfen.
Die Ergebnisse mit einem durchschnittlichen Calcium-Wert von 3,295 mmol/l und 1,017 mmol/l für anorganisches Phosphor zeigen eindeutig, daß sich die Erkrankungen der hier untersuchten Tiere nicht auf einen Calciummangel oder eine Störung des Calcium-Phosphor-Verhältnisses zurückführen lassen.
Zusätzlich wurde die Fütterung der Tiere überprüft, indem die Besitzer um das Ausfüllen eines entsprechenden Fragebogens gebeten wurden.
Auch hier fand sich kein Hinweis auf eine mangelhafte Versorgung der Tiere, obwohl auffiel, daß die Vitamin- und Mineralstoffträger, die Pellets, im Trockenfutter häufig nicht aufgenommen wurden. Ausgleichend erhielt die überwiegende Anzahl der
Tiere jedoch eine abwechslungsreiche Grünfütterung und Heu.
Die Kaninchen mit Kieferabszessen wurden, mit Ausnahme von neun Tieren
(24,3 %), die aufgrund infauster Prognose euthanasiert werden mußten, operiert und anschließend zunächst täglich lokal durch Wundspülungen behandelt. Bei
Kaninchen mit retrobulbären Abszessen wurde eine Bulbusexstirpation durchgeführt. Bei 27 % der Abszeßpatienten traten im Beobachtungszeitraum Rezidive auf.
48,7 % der Tiere entwickelten in dieser Zeit keine neuen Abszesse.
Grundsätzlich wurde Abszeßinhalt zur mikrobiologischen Untersuchung versandt, um die Tiere nach Antibiogramm systemisch behandeln zu können. Die hierbei im Vordergrund stehenden Keime waren Streptokokken verschiedener Lancefield-Gruppen; Enrofloxacin erwies sich im Resistenztest als insgesamt am häufigsten wirksames Antibiotikum.
Schließlich wurden Kotproben der Tiere mikroskopisch untersucht.
In 70,6 % der untersuchten Proben von Abszeßpatienten und 75 % der Proben der Zahnkorrekturpatienten fand sich ein mittel- bis hochgradiger Befall mit Hefen. Bei den zahngesunden Tieren waren nur 14,2 % von einer Hefeüberwucherung der Darmflora betroffen.
Daraus läßt sich auf einen direkten Zusammenhang zwischen Zahn- und Kiefer-
erkrankungen und einer sekundär auftretenden Mykose des Darmes schließen.
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