Zusammenfassung
Das humane MN/CA IX Protein, welches sich auf der Oberfläche von Epithelzellen befindet, ist ein Mitglied der Familie der Carboanhydraseisozymen. Seine multidomäne Zusammensetzung deutet auf eine vielseitige Funktion. Unter normalen Bedingungen wird MN/CA IX in verschiedenen Geweben exprimiert, hauptsächlich in den Schleimhäuten des Gasterointestaltrakts. Eine gestörte Expression ist mit Krebsentwicklung in Zusammenhang gebracht worden. MN/CA IX Protein beeinflusst auch die Regulation der Zellproliferation und der Zelladhäsion. Obwohl die Erkenntnis über MN/CA9 zunimmt, bleibt seine physiologische Relevanz im Gastrointestaltrakt und seine Rolle bei der Krebsentwicklung unverstanden.
Um Verständnis für die Funktion des MN/CA IX Proteins in vivo zu erlangen, wurden Mäuse mit einer Nullmutation im MN/CA9 Gen durch gezielte Mutagenese hergestellt. Vorbereitend wurden die cDNA und die genomische DNA Sequenzen der Maushomologen isoliert und charaktersisiert. Das maushomologe MN/CA9 Gen wurde basierend auf DNA Sequenzhomologie und anhand von Expressionsmustern identifiziert. Die murine cDNA von MN/CA9 ist 1982 Basenpaare lang. Das offene Leseraster besteht aus 1311 Basenpaaren kodiert ein Protein mit 437 Aminosäuren und einer theoretischen Masse von 47,3kDa. Die Sequenzhomologie der humanen und murinen cDNA Sequenz von MN/CA9 ist nur 69,5%. Alle intra- und extrazellulären Domänen sind jedoch konserviert. Die Expression der murinen MN/CA9 mRNA ist im Magen am höchsten, gefolgt vom proximalen und distalen Darm. MN/CA9 cDNA konnte auch in einer Reihe von Tumorzellinien (TS/A, GR/3 und MM5) und in einer Tumorprobe nachgewiesen werden. Dies deutet auf eine mögliche Rolle von MN/CA IX Protein in der Krebsentstehung hin.
Zur weiteren Untersuchung wurde das murine MN/CA IX Protein isoliert, aufgereinigt und seine Identität mit MALDI-MS bestätigt. Die verwendete Aufreinigungsmethode ermöglicht lediglich die Isolation von enzymatisch aktiven Carboanhydrasen. Dies bezeugt eine mindestens teilweise Carboanhydrase-Aktivität der murinen MN/CA IX. Die Masse des isolierten Proteins wurde mit 54kDa abgeschätzt. Dieses Resultat wurde mit einer Westernblot Analyse mit polyklonalem Kaninchenantiserum, welches gegen Oligopeptide aus der proteoglykan-ähnlichen Domäne des murinen MN/CA IX Protein hergestellt wurde, bestätigt.
Das murine MN/CA9 Gen wurde aus einer murinen genomischen Bibliothek isoliert. Es reicht über 6,7kBasen und ist aufgeteilt in 11 Exons und 10 Introns. Der Vergleich der Exon/Intron Abgrenzung des humanen und murinen Gens zeigt die identische Genstruktur, was auf eine hohe evolutionäre Konservierung hindeutet.
Mittels homologer Rekombination wurde ein Ersatzvektor mit einer Unterbrechung im ersten Exon des murinen MN/CA9 in embryonale Stammzellen eingeführt. MN/CA9-/- Mäuse waren normal in Bezug auf Körpergrösse, Aktivität, Verhalten, Fortpflanzungsfähigkeit und Lebensspanne. Die bemerkenswertesten Unterschiede wurden in der Magenschleimhaut gefunden. Erwachsene MN/CA9-/- Tiere zeigten eine ausgeprägte Hyperplasie in Drüsen- und oberflächlichen Epithelzellen. Grosse pathologische Zysten wurden auch beobachtet. Die ersten Anzeichen der Verdickung des gastrischen Epithels wurden bereits in Neugeborenen MN/CA9-/- Mäusen gefunden.
Eine immunohistochemische Anfärbung für PNCA zeigte eine massive Expansion und Desorganisation in der proliferierenden Zone des Magenepithels. Ein ähnlich unorganisiertes Muster wurde mit E-Cadherin-Immunoanfärbung des gastrischen Epithels in den mutierten Mäusen gefunden. Das Verhältnis der Anzahl proliferierender und der Gesamtzahl der Zellen in der proliferierenden Zone blieb vergleichbar zu MN/CA9+/+ Tieren. Da eine Störung der Apoptose ausgeschlossen werden konnte, sind die Unterschiede wahrscheinlich auf eine Störung in der Zellproliferation zurückzuführen. Ob eine durch E-Cadherin vermittelte Zelladhäsion durch die Abwesenheit von MN/CA IX beeinflusst wird, muss noch ermittelt werden.
Obwohl die genaue physiologische Rolle von MN/CA IX Protein im Gastrointestaltrakt immer noch nicht klar ist, sind wesentliche Fortschritte erzielt worden. Wir vermuten, dass die Nullmutation von MN/CA IX Protein den Prozess der Übermittlung und Verarbeitung der extrazellulären Signale, der normalerweise den Grad der Zellproliferation und der Integrität des gastrischen Epithelzellen regelt, stört.
Diese MN/CA9-/- Mäuse sind das erste Tiermodel für ein Carboanhydrase, das mit gezielter Mutagenese erstellt wurde. MN/CA IX ist das erste adhäsionsvermittelnde Molekül, welches im Gastrointestaltrakt exprimiert wird und eine Rolle in der Morphogenese der Magenschleimhaut zeigt. MN/CA9-/- Mäuse sind ein ausgezeichnetes Tiermodel um die Rolle von MN/CA IX in der Morphogenese des gastrischen Epithels und seinen Zusammenhang mit der Krebsentwicklung zu untersuchen. |