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FU Berlin
Digitale Dissertation

Ulrike Gaebel :
Chansons de geste in Deutschland
Tradition und Destruktion in Elisabeths von Nassau-Saarbrücken Prosaadaptationen
Chansons de geste in Germany

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|Zusammenfassung| |Inhaltsverzeichnis| |Ergänzende Angaben|

Zusammenfassung

Immer wieder ist die ästhetische Anspruchslosigkeit der spätmittelalterlichen Adaptationen mittelalterlicher Erzählgenres hervorgehoben worden. In geradezu kontingenter Fülle präsentierten sie einen ausufernden Reigen von Ereignissen, der ganz auf das Vergnügen des Rezipienten an Spannung, Exotik, blutrünstigen Kämpfen, Liebe und Lachen abgestellt sei. Der Vorwurf der inkonsisten Anhäufung von Episoden zu einem sich in immer wieder neuen narrativen Anläufen verlierenden Erzählganzen wird auch für die Chansons-de-geste-Adaptationen des 15. und 16. Jahrhunderts erhoben. In der vorliegenden Untersuchung soll dieser Vorwurf anhand der Prosaübertragungen Elisabeths von Nassau-Saarbrücken, punktuell ergänzt durch andere zeitgenössische Chanson-Bearbeitungen, gewendet und zum Ausgangspunkt eines hermeneutischen Verfahrens gemacht werden. Gerade die Unoriginalität und Serialität der miteinander kombinierten Episoden verlangt die Kontextualisierung der Einzeltexte in ihrem synchronen Verhältnis zueinander. Nicht diachrone oder auch synchrone Variantensummen im Sinne einer Motivgeschichte oder eines Motivlexikons werden erstellt, sondern die spezifische Funktion analoger Erzählelemente für den jeweiligen Einzeltext herausgearbeitet.

In dem hier vorgeschlagenen exemplarischen Verfahren werden im ersten Untersuchungsteil narrative Einheiten einer mittleren Größenordnung zueinander in Bezug gesetzt. Sie werden mit dem in der deutschen Erzähltheorie hierfür noch ungebräuchlichen Terminus der "Themen" belegt, um der ausufernden Bedeutungsvielfalt des "Motiv"-Begriffs zu entgehen. Die Themen stellen Verständigungsmuster bereit über Kategorien heroischen Handelns und heroischer Identität, die in der intertextuellen Bezugnahme dynamisiert und durch immer andere, variierende Konstellationen umbesetzt und erneuert werden. Mit den Themen werden - so der zweite Abschnitt der Untersuchung - zugleich die wichtigsten "Sujets" der Texte narrativ entfaltet. Sujets als sinnproduzierende Relationen zwischen Handlungen ordnen Figuren und ihre Aktionen in Beziehungssystemen an, die als soziale Bezugspunkte wahrnehmbar sind und wirksam werden. Als wichtigste werden Verwandtschaft, Geschlechterverhältnisse und Feudalität jeweils in unterschiedliche Felder ausdifferenziert vorgestellt. Sie bilden nicht nur die Funktionsweisen der gesellschaftlichen Integrationsmechanismen ab, sondern fördern auch die Reibeflächen zutage, an denen sich vereinzelte und desintegrierte Helden abarbeiten, aber auch regelmäßig Störungen der Beziehungssysteme sichtbar werden. Auf dem Wege einer kursorischen Lektüre werden so aus den Texten gemeinsame Strukturelemente und Deutungsschemata herausgefiltert, die als signifikante Textbausteine die Chansons de geste in Deutschland als eigenen literarischen Typus zu konstitutieren vermögen.


Inhaltsverzeichnis

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Ulrike Gaebel: Chansons de geste in Deutschland - Inhaltsverzeichnis

Inhaltsverzeichnis

1.Autor, Gattung, Textkorpus7
1.1Zum Gattungsbegriff: Vorüberlegungen7
1.2Textgrundlage und Forschung19
1.3Elisabeth von Nassau-Saarbrücken - zur Genealogie der Texte22
1.3.1Text und Genealogie22
1.3.2Text und Autor25
1.3.3Text und Gattungstradition32
1.3.4Text und Innovation: Chansons de geste in deutscher Prosa34
1.4Korpus oder Zyklus?43
1.5Die Texte48
1.5.1Herpin49
1.5.2Sibille55
1.5.3Loher56
1.5.4Huge Scheppel62
2.Gattungskonstituenten67
2.1Methodische Vorbemerkungen67
2.2Themen76
2.2.1Trennung von Vater und Sohn76
2.2.2Brautgewinnung92
2.2.3Trennung des Paares118
2.2.4Kampf127
2.2.4.1Gerichtskämpfe131
2.2.4.2Kriegerische Zweikämpfe136
2.2.4.3Turniere145
2.2.4.4Schlachten151
2.2.4.5Regeln und Regelverstöße169
2.2.5Hoftag / Ratsversammlung: Inszenierung von Konsens und Dissens in einer kollektiven Form politischen Handelns171
2.2.6Verrat194
2.3Sujets207
2.3.1Verwandtschaft207
2.3.1.1Vertikal-agnatisch: Vater und Sohn207
2.3.1.2Laterale Verwandtschaft216
2.3.2Geschlechterverhältnisse: Ehe- und andere Paare223
2.3.2.1Herrscherehen224
2.3.2.2Ehen von Gefolgsleuten und Nichtadligen230
2.3.2.3Mutterschaft / Vaterschaft237
2.3.2.4Artikulationsformen von Liebe und Sexualität: Blicke und Buhlschaften240
2.3.2.5Normverletzungen, Rollenbrüche247
2.3.3Feudalität257
2.3.3.1Karl257
2.3.3.2Ludwig261
2.3.3.3Huge Scheppel263
2.3.3.4Vaterschaft, Eheherrschaft, Königsherrschaft: Aspekte von Autorität265
3.Der Umgang mit dem Komischen269
4.Zusammenfassung285
Literaturverzeichnis291
I.Primärliteratur291
II.Forschungsliteratur294

Ergänzende Angaben:

Online-Adresse: http://www.diss.fu-berlin.de/2002/8/index.html
Sprache: Deutsch
Keywords: 'Chanson de geste' 'Elisabeth von Nassau-Saarbrücken' 'Prosaroman' 'Herpin' 'Sibille' Loher und Maller' 'Huge Scheppel'
DNB-Sachgruppe: 53 Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft
Datum der Disputation: 16-Jul-1999
Entstanden am: Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, Freie Universität Berlin
Erster Gutachter: Prof. Dr. Erika Kartschoke
Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Werner Röcke
Kontakt (Verfasser): gaebel@morgane.germanistik.fu-berlin.de
Abgabedatum:14-Jan-2002
Freigabedatum:15-Jan-2002

 


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