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Die Verwaltung des „Fundus“ eines Theaters ist nicht eben seine glamouröseste Seite; in der erzählenden Literatur ist der dafür Verantwortliche meistens eine etwas skurrile Gestalt, die zwischen einem Sammelsurium übrig gebliebener Gegenstände dahin vegetiert. Dass der Fundus dennoch die Grundlage des laufenden Betriebs ist, steht dem nicht im Wege.

Dass Wichtiges oft ungeliebt bleibt, ist nicht eben selten: Auch in der historischen Forschung aller Teildisziplinen sind die „bewahrenden Einrichtungen“ - Archive, Bibliotheken, Museen - zwar wichtig und sogar ein wesentliches Berufsfeld, den „richtigen“ Historikern, vor allem an den Universitäten, aber eben doch meist fremd. Es ist nicht klar, ob diese höchst ambivalente Gewichtung des Begriffs „Fundus“ der Volkswagenstiftung bewusst war, als sie vor einigen Jahren ein Schwerpunktprogramm „Archive als Fundus der Forschung“ auflegte. Auch wenn dies nicht der Fall war, so war dieser Namen des beschriebenen Zwiespaltes halber aber eben doch gerade seinetwegen ausgezeichnet gewählt. Sie sind es eben wirklich: Die Sammlungen, deren Benützung jedem inhaltlich arbeitenden Forscher, jeder inhaltlich arbeitenden Forscherin die Arbeit erst ermöglicht, mit deren innerem Funktionieren sie sich aber möglichst wenig beschäftigen wollen.
Der erwähnte Schwerpunkt wurde übrigens nach relativ kurzer Zeit eingestellt.

Dieses höchst ambivalente Verhältnis hat sich wohl erst in den letzten Jahren so herausgebildet. Zum Teil sicher auch als Reaktion auf die fast religiöse Verehrung, mit der „die Quelle“ und „die Edition“ in früheren Phasen der historischen Wissenschaften angesehen - und damit für viele KollegInnen in der Durchsetzung des Anspruchs einer theoriegeleiteten Geschichtswissenschaft per Implikation zum Teil des Feindbildes wurden.

Dies ist unerfreulich, denn, auch wenn keine historische Interpretation ohne Kenntnis der relevanten Theorien in anderen Disziplinen auskommt: Ohne Kenntnis des Materials, auf das diese Theorien angewendet werden sollen, eben auch nicht. Aber, ganz abgesehen von dieser Betrachtungsweise, die natürlich je nach persönlichem Standpunkt unterschiedlich bewertet wird, hat das Nichtverhältnis zwischen historischer Forschung und bewahrenden Institutionen einige ganz entscheidende Nachteile für beide Seiten. Entwicklungen von hoher potentieller Wirkung im Bereich der bewahrenden Einrichtungen werden von der inhaltlichen Forschung nämlich keinesfalls mehr so stark rezipiert, als dies für beide Seiten nötig wäre. Ein gutes Beispiel dafür ist der Schwerpunkt „Retrodigitalisierung“ der Deutschen Forschungsgemeinschaft: Hier entstehen mit hohem finanziellen Aufwand digitale Ressourcen, die aus verschiedenen Gründen ganz überwiegend für Benutzer aus historischen Disziplinen von Interesse sind. Die aber, leider, fast ausschließlich innerhalb der bibliothekarischen Community diskutiert werden und den inhaltlich arbeitenden KollegInnen, die sie nutzen könnten, nicht annähernd genug bekannt sind.

Fehlt der Kontakt der Forschung zu diesen Anstrengungen der bewahrenden Institutionen, so ist es andererseits auch nach zwei Jahrzehnten einschlägiger Bemühungen immer noch nicht gelungen, ein Organ zu schaffen, in dem die Forschung selbst sich über ihre Erfahrungen beim Einsatz neuer Medien und Methoden zur Arbeit mit Quellenmaterial austauschen kann. Beschreibungen derartiger Projekte werden oft an Stellen publiziert, wo sie eher randständig wirken und durch ihre Isoliertheit verhindern, dass eine fruchtbare Diskussion zwischen den Nutzern neuer Medien in editorischen Vorhaben in der Dichte entsteht, die das Thema verdient.

Diese doppelte Lücke soll der Neustart von  Fundus schließen: Ein Organ, das über unkonventionelle, auf die neuen Medien bezogene Formen des Quellenzugangs berichtet, dabei freilich das Schwergewicht auf Projekte legt, die substanziell in dem Sinne sind, dass sie nicht nur Absichten verkünden, sondern auch nicht-triviale Ergebnisse vorweisen können.

Ein Organ, das aber gleichzeitig mit gleicher Intensivität versucht, die Kommunikationsprobleme zwischen den Produzenten digitaler Ressourcen innerhalb der wissenschaftlichen Infrastruktur und deren Konsumenten in den historischen Wissenschaften zu schliessen.

Individuelle Beiträge zu Fundus, zu Handen des Herausgebers, sind nachdrücklich erwünscht: Wenn die einleitenden Überlegungen zu abstrakt geklungen haben, so seinen sie verkürzt zu: Diese Zeitschrift widmet sich allen Formen des Einsatzes neuer Medien im Umfeld der Bereitstellung von Ressourcen für die historischen Wissenschaften.

Während individuelle Beiträge erwünscht sind, wird der Herausgeber versuchen, zusammengehörige Komplexe von Darstellungen einzuwerben, die jeweils ein geschlossenes Thema in einem der beiden angesprochenen Themenkreise behandeln.

Dieses Vorhaben beginnen wir mit der Publikation der Beiträge zu einer Tagung, die Stuart Jenks und Felicitas Schmieder im April 2000 in den Räumen der Reimers Stiftung in Bad Homburg zum Thema „Quellen und Quellenedition im neuen Medienzeitalter“ organisiert haben.

Manfred Thaller
Köln, im August 2001

Kontakt:

Fundus

 

c/o Duehrkohp & Radicke

 

Postfach 16 41

 

D-37006 Göttingen

 

E-mail: fundus@d-r.de

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Last Update 17 Feb, 2005
Created by
Frank Duehrkohp