Das überaus große Interesse an der Identifikation von Protein-Protein Wechselwirkungen gipfelte bereits Mitte der 80er Jahre mit dem 'Phage Display' in einem ersten Selektionssystem. Die Anfang der 90er Jahre aufkommende Methode zur in vitro Selektion von Nukleinsäuren, welche die schnelle Generierung von Aptameren und Ribozymen ermöglicht, verdeutlichte die enormen Vorteile und Möglichkeiten eines in vitro Systems, die von den zur Verfügung stehenden Bibliotheken mit bis zu 1016 verschiedenen Molekülen herrühren. Da Proteine im Gegensatz zu Nukleinsäuren eine größere Palette an strukturellen und katalytischen Eigenschaften in der Biologie bereitstellen und wesentlich intensiver in der Diagnostik, Therapie und bei industriellen Applikationen verwendet werden, bestand großes Interesse in der Entwicklung von Methoden zur in vitro Selektion von Proteinen. Ein Ende der 90er Jahre entwickelter Ansatz ermöglicht die in vitro Selektion und Evolution von Proteinen durch Kopplung des Genotyps, in Form der mRNA, mit dem Phänotyp, in Form des Proteins und erhielt den Namen 'Ribosome Display'.
Diese Arbeit beschreibt die Selektion streptavidinbindender Peptide, sowie die Entwicklung der dafür benötigten Technologien. Streptavidin wurde als Zielmolekül ausgewählt, da eine Vielzahl von kommerziell erhältlichen Streptavidinkonjugaten eine breite Anwendung in den Biowissenschaften finden. Basierend auf einem zellfreien, prokaryontischen Translationssystem erfolgte die Etablierung des 'Ribosome Display' anhand eines Modellsystems, dessen Grundlage erstmals kein Antikörper, sondern ein His-tag, also ein einfaches Affinitätspeptid war. Es wurden zwei Nukleinsäure kodierte Peptidbibliotheken generiert, wobei der randomisierte Anteil in einem Fall aus 16 NNS-Codons besteht und die 'Loopstruktur' des Chymotrypsin-Inhibitors 2 aus dem Gerstenkorn kodiert. Die zweite Bibliothek umfaßt 15 NNS-Codons und kodiert den N-Terminus des fettsäurebindenden Proteins (FABP) aus Rinderherz. Aus der kombinatorischen FABP-Bibliothek konnten mit Hilfe des 'Ribosome Display' nach sieben in vitro Selektionsrunden streptavidinbindende Peptide isoliert werden. Klonierung und Sequenzierung ergaben eine Reihe unterschiedlicher Peptide, die sich im wesentlichen in zwei Gruppen unterteilen ließen. Bei der größeren Gruppe handelt es sich um Peptide mit einem HPQ-Motiv, das bereits aus anderen Arbeiten bekannt ist. Bei der anderen Gruppe handelt es sich um völlig neuartige Peptide, die am N-terminus ein DVEAW-Motiv aufweisen. Aus dieser Gruppe geht der beste Binder mit der Sequenz DVEAWLDERVP-LVET und einem Kd-Wert von etwa 84 nM hervor, der sich zudem hervorragend als Affinitätspeptid zur Aufreinigung rekombinanter Proteine eignet.