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Kapitel 9 - Aus den Bibliotheken privater Büchersammler | Übersicht |


90 Das Gute und das Nützliche

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Marcus Tullius Cicero:
De officiis etc.
Rom: Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz, 24. I. 1469.
Signatur: 4° Auct. Lat. II, 3236 Inc. Rara
Provenienz: Friedrich Wilhelm von Duve, 1782

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4° Auct. Lat. II, 3236 Inc. Rara (Ausschnitt)
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In seinem letzten Werk De officiis, das er zwischen Oktober und Dezember 44 v. Chr. verfasst hat, stellt Cicero die Pflichten des Menschen aus ethisch-philosophischer Sicht dar. Das aus drei Büchern bestehende Werk, das dank seiner Lebendigkeit und seines inneren Reichtums einen großen Einfluss auf die Nachwelt ausgeübt hat, behandelt das Sittlich-Gute (honestum) im ersten Buch, das Nützliche (utile) im zweiten, und im dritten Buch diejenigen Situationen, in denen honestum und utile im Widerstreit liegen. Seine Beispiele, wie sich ehrenvolles Handeln auch im Gegensatz zum scheinbar Nützlichen durchhalten lässt, gewinnt Cicero aus der römischen Geschichte, indem er diesen Konflikt bei Cato oder den Scipionen beschreibt. Das Werk entstand vor dem Hintergrund einer Zeit der „starken Männer“ – Pompeius und Caesar, Antonius und Octavian – in der Cicero selbst aus der aktiven Politik verdrängt war und einen Ausgleich in der philosophischen Schriftstellerei suchte. Die tiefe Einsicht des Werkes, die Sensibilität des Autors, sein Bemühen, aus griechischem Denken und römischem Handeln neue Maßstäbe zu erarbeiten und Verhaltensregeln für sich und andere zu entwickeln, verleihen dem Werk eine Menschlichkeit, die nur in wenigen Werken der Antike so unmittelbar zu erfahren ist wie in Ciceros De officiis.

Unter allen in der Inkunabelzeit gedruckten klassischen Autoren steht Cicero eindeutig an der Spitze. Fast die Hälfte aller Cicero-Drucke ging aus italienischen Pressen hervor. Die hier gezeigte erste Ausgabe von De officiis in der italienischen Gruppe wurde von den römischen Erstdruckern Konrad Sweynheym und Arnold Pannartz gedruckt, zwei Jahre nachdem sie ihre Buchdruckerei von Subiaco nach Rom verlegt hatten. Aus ihren in Rom gedruckten Werken selbst ist zu entnehmen, dass die beiden Drucker ihre Pressen im Hause der Brüder Petrus und Franciscus de Maximis (de Massimi – in der Nähe des Campo del Fiore) betrieben. Das vorliegende Exemplar von De officiis zeigt auf Bl. 2r eine eindrucksvolle Ausmalung des Rankenwerks, das einen geschlossenen Rahmen um den Text bildet.

(HR)