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Kapitel 1 - Der Grundstock im Jahre 1734 | Übersicht |


6 Die ersten Darstellungen von Fischen der Gewässer Ostindiens

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Samuel Fallours:
Fische des Indischen Meers und der Molukken.
Papierhandschrift, 1717.
Signatur: 4° Cod. Ms. hist. nat. 108
Provenienz: Joachim Hinrich von Bülow, 1734

Trommler
4° Cod. Ms. hist.nat. 108 (Ausschnitt)
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Nach der Erlangung der Unabhängigkeit von Spanien (1648) stiegen die Niederlande noch im 17. Jahrhundert zu einer der größten Seeund Wirtschaftsmächte auf. Auf der ganzen Welt wurden Kolonien und Handelsposten gegründet und in der Folge die fernen Länder auch wissenschaftlich erforscht. Besonderes Interesse weckten auch die fremdartigen, farbenprächtigen Fische und Krebstiere der tropischen Gewässer. Eine der ersten Darstellungen der maritimen Fauna stammt von Samuel Fallours (Wirkungsjahre 1703 – 1720), der in den Diensten der Niederländischen Ostindien-Kompanie stand. Auf der zu den Molukken gehörigen Insel Ambon fertigte er Zeichnungen von Fischen und anderen Meereslebewesen des Indischen Ozeans an und brachte sie 1715 mit nach Holland. Fallours ließ seiner Phantasie bei der Darstellung in vielerlei Hinsicht freien Lauf. Er versah seine Fische mit kunstvollen Mustern, gab ihnen teilweise menschliche Gesichter und verwendete fast surreale Farbgebungen. Dennoch sind die meisten der abgebildeten Fische teilweise bis zum Niveau der Species taxonomisch bestimmbar. Nur wenige Abbildungen gehören vollständig dem Reich der Phantasie an – wie etwa eine Meerjungfrau, die vier Tage in einem Wasserbehältnis in Fallours’ Haus gelebt, rattenähnliche Schreie ausgestoßen, jegliche Nahrungsaufnahme verweigert haben und schließlich gestorben sein soll. Bemerkenswert ist auch, dass Fallours in seinen Kurzbeschreibungen Hinweise zur Essbarkeit einzelner Fische gibt und teilweise die beste Zubereitungsart nennt. Zu der aufgeschlagenen Abbildung 100 wird beispielsweise angemerkt: „De Seeramse Visch; Poisson de Ceram; on l’écorche, et le découpe dans des pots, avec du sel, du poivre et du vinaigre, il est très bon.“

Das ausgestellte Werk ist eine im Jahre 1717 für Joachim Hinrich von Bülow angefertigte genaue Kopie des Originals, das sich in der heutigen Niedersächsischen Landesbibliothek in Hannover befindet (Handschrift Nr. 326). Diese Kopie enthält alle Abbildungen des Originals, dazu ein Dokument über die Entstehung des Hannoverschen Originals und der Göttinger Kopie sowie zwei Briefe des Druckers Louis Renard (1678 – 1746) aus dem Jahre 1718. Renard nutzte viele der Abbildungen von Fallours für sein bekanntes Druckwerk Poissons, Ecrevisses et Crabes, de Diverses Couleurs et Figures Extraordinaires, Que l’on Trouve Autour des Isles Moluques et sur les Côtes des Terres Australes (1718).

(AT)