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Vorwort

1. Vorwort

Das Internet ist mittlerweile in allen wissenschaftlichen Disziplinen ein Begriff und wird von immer mehr Forschern und Lehrenden genutzt. Grundlage dazu ist die Vernetzung des Arbeitsplatzes und der Anschluß an moderne leistungsfähige Datennetze. Über E-Mail läßt sich die Kommunikation viel schneller und vor allem einfacher abwickeln als beim herkömmlichen Austausch von Briefen. Die Recherche in Datenbanken ist leicht möglich, unabhängig davon, ob eine solche Datenbank lokal oder entfernt zur Verfügung steht. Und im World Wide Web liegt eine Fülle von Informationen bereit, die in dieser Form bisher nicht verfügbar war. Eine Entwicklung, die in der Informatik begann, um einige wenige Rechner miteinander zu vernetzen, hat nun Einzug gehalten in das tägliche Leben.

Dabei fällt auf, daß die Möglichkeiten der Datenverarbeitung und der Netze vor allem dazu genutzt werden, die auf Papier gespeicherten Informationen zu verwalten. Am Ende der Informationsbeschaffung steht die Bestellung eines gedruckten Buches oder der Ausdruck der Daten auf Papier, also die Überführung in ein starres Medium.

Dabei wird übersehen, daß die Auswirkungen, die diese neu gewonnene Beweglichkeit mit sich bringt, sehr viel tiefgreifender sind. Erstmals ist nämlich die Information von ihrem Trägermedium Papier entkoppelt und kann deshalb in Sekundenschnelle transportiert werden, ganz im Gegensatz zum Trägermedium. Viele unserer Maßstäbe für den Wert einer Information sind jedoch ursächlich an ein solches Trägermedium gebunden. So wird die Bedeutung eines Werkes an der Höhe der Auflage, also der Menge des bedruckten Papiers gemessen und damit auch die Entlohnung des Autors verbunden. Die Bedeutung einer Bibliothek wird assoziiert mit der Anzahl der verfügbaren Bände.

Die beschriebene Entkopplung hat auch eine Kehrseite: Die Information ist nun flüchtig geworden. Jeder kennt das Phänomen, daß im WWW eine Seite nicht mehr auffindbar ist, nicht etwa, weil sie von einer Suchmaschine nicht erfaßt wird, sondern weil es sie ganz einfach nicht mehr gibt. Daher wäre es gefährlich, sich blind beispielsweise auf eine Erschließung der im WWW angebotenen Informationsfülle zu stürzen. Eine der Hauptaufgaben der Bibliotheken wird in Zukunft sein, nicht nur die Informationen fachgerecht zu erschließen, sondern insbesondere auch ihre Existenz langfristig zu sichern. Dabei ergeben sich eine Reihe neuer Aufgabenfelder. Für den Nutzer hat die sich abzeichnende Entwicklung jedoch unbestreitbare Vorteile. Das angeforderte Dokument kann nach erfolgreicher Recherche im Netz sofort und ohne Umwege direkt an den Arbeitsplatz geliefert werden. Ohne umständliche Suche in Magazinen kann entschieden werden, ob der Inhalt eines Dokuments relevant ist für die eigene Arbeit oder nicht. Und angesichts der sich abzeichnenden Entwicklung in der Hardware, insbesondere der Technik der Anzeigegeräte, muß mittlerweile die Frage ernsthaft erlaubt sein, wie lange das Buch bzw. die Zeitschrift der angestammten Rolle als Informationsträger noch gerecht wird. Der wissenschaftliche Bereich wird bei dieser Entwicklung eine Vorreiterrolle spielen.

Daher ist es logisch, daß von der Staats- und Universitätsbibliothek intensive Versuche im Umgang mit den neuen Medien durchgeführt werden. Die reichhaltigen Möglichkeiten, die bereits jetzt genutzt werden können, sind in diesem Tagungsband anschaulich zusammengefaßt. Grundlage ist das schnelle Datennetz GÖNET, das die über die Stadt verstreuten Institute untereinander und mit der GWDG sowie den im Raum Göttingen angesiedelten Max-Planck-Instituten verbindet. Ein breitbandiger Anschluß an das B-WIN bei der GWDG ist die Voraussetzung dafür, daß solche Dienste auch von anderen Nutzern in Anspruch genommen werden können.

Um diese zukünftigen Entwicklungen aktiv beeinflussen zu können, wird eine Zusammenarbeit der Rechenzentren und der Bibliotheken in noch größerem Maße erforderlich, in der Weise, daß beide ihre Kenntnisse einbringen. Eine naive technische Zusammenlegung wäre hingegen fatal, da dann mindestens einer der Betroffenen den Blick für die Entwicklung des eigenen Gebietes verlieren würde, zum Schaden aller.

Die Tagung ,,Informationsinfrastruktur im Wandel" wird uns einen Blick in die Zukunft erlauben, jedoch bin ich sicher, daß dies nur ein kleiner Vorgeschmack dessen ist, was für Wissenschaftler und Studenten im nächsten Jahrhundert gängige Praxis sein wird.

Gerhard Schneider



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