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Auf dem Weg zum digitalen Informations- und Servicezentrum - Elektronische Informationsdienste der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
2. Auf dem Weg zum digitalen Informations- und Servicezentrum - Elektronische Informationsdienste der Niedersächsischen Staats- und Universitätsbibliothek Göttingen
- Wissenschaftler und Studenten haben sich längst daran gewöhnt, wissenschaftliche Arbeiten aller Art mit dem Computer durchzuführen; inzwischen ist für viele von ihnen auch die Kommunikation über das Internet zur alltäglichen Praxis geworden. WWW macht darüber hinaus auch das Publizieren im Netz möglich. Dabei will und wird keiner ohne das Buch oder die gedruckte Zeitschrift auskommen - aber der Wunsch, Information über Literatur und nach Möglichkeit auch diese selbst auf elektronischem Weg zu erhalten, wird immer größer und immer allgemeiner. Die Bibliotheken stellen sich darauf ein.
- Bibliotheken sind auf diese Wünsche in vielen Fällen gar nicht so schlecht vorbereitet. In der SUB Göttingen werden seit 1976 alle Monographien EDV katalogisiert. Die retrospektive Erfassung der alten Bandkataloge, die den Bestand bis Erscheinungsjahr 1945 umfassen, ist längst abgeschlossen. Auch die Zeitschriftenbearbeitung läuft seit Jahrzehnten EDV-unterstützt. Die Einführung der Datenverarbeitung in den Bibliotheken diente zunächst der Rationalisierung einzelner Arbeiten, dann der Arbeitsteilung der Bibliotheken in regionalen Netzwerken. In Göttingen hat man dabei auch iimmer international gedacht. Die Einführung des europäischen PICA-Systems, das in den Niederlanden entwickelt wurde, erfolgte in Zusammenarbeit mit der Deutschen Bibliothek - so ist auch die Kompatibilität zu deutschen Standards gesichert.
- Hauptvorteil des PICA-Systems für den Bibliotheksbenutzer ist seine Client-Server-Struktur: Kontinuierlich werden die Daten des lokalen Online-Katalogs vom zentralen System auf dem Laufenden gehalten. Inzwischen ist auch der Durchgriff vom lokalen auf das zentrale System (und umgekehrt) unter einheitlicher WWW-Oberfläche für den Benutzer möglich. Die Vorteile liegen auf der Hand: Die Bibliotheken des inzwischen sieben Länder umfassenden GBV (Gemeinsamer Bibliotheksverbund) werden zu einer virtuellen Gesamtbibliothek. Die SUB Göttingen - Sitz der Verbundzentrale - geht deshalb ganz eindeutig auf das gemeinsame Arbeiten mit dem Verbund als Servicezentrale (7).
- Die Durchgriffsmöglichkeiten des lokalen Katalog-PCs auf den Gesamtbestand des Verbunds macht deutlich, daß der Online-Katalog vor Ort immer mehr zu einem virtuellen Access-point auf wesentlich größere Informations- und Datenbanken wird. Derzeit ist das netzweite CD-ROM-Angebot (4.2) sowie der Zugriff auf Online-Fachinformationsdienste noch nicht mit den Bestandsinformationen integriert. Aber die standardisierte Z39.50-Schnittstelle wird die Verknüpfung einer Reihe von Fachinformationsdiensten mit dem Bestand ermöglichen (4.1) und damit die Bestellung ähnlich erleichtern, wie dies bei den Zeitschrifteninhaltsdiensten schon jetzt der Fall ist.
- Elektronische Information ist gut - schnelle Lieferung ist besser. Das lokale Online-System bietet neben Online-Katalog mit Bestellmöglichkeit auch den Zugriff auf das eigene Konto. Außerdem kann man Leihfristen verlängern und ausgeliehene Literatur vormerken. Neben den konventionellen Zustelldienst im Institutsbereich tritt zunehmend die elektronische Lieferung (optimal via Ariel). Die SUB bietet auch Benutzern außerhalb eigene (GAUSS), regionale (GBV-direkt) und überregionale (SSG-S, SUBITO) Direktlieferdienste an (5). Auch dabei nimmt die Inanspruchnahme digitalisierter Dienstleistungen zu.
- Besser, schneller und billiger ist die Bereitstellung, wenn von vornherein digitale Bestände vorliegen. Deshalb bietet die SUB - insbesondere in ihren Sondersammelgebieten - elektronische Zeitschriften und Dokumente in größerer Zahl an (6.3 u.13). Im PICA-Projekt WebDOC (6.2) sind die Voraussetzungen dafür geschaffen, auch von Verlagen oder anderen Bibliotheken bereitgestellte Materialien zu erhalten - manche Verlage beschränken aber den Zugriff auf Göttinger Benutzer.
- Im WebDOC integriert sind auch die aktiven Publikationsmöglichkeiten für Dissertationen und andere Veröffentlichungen (6.4) im Internet, deren Bestand von der SUB gesichert und ihre dauerhafte internationale Zugänglichkeit garantiert wird. Über die europäische Zusammenarbeit gibt es hier über PICA auch eine Verbindung zur Research Libraries Group in den USA. Die Bibliothek arbeitet auch mit mehreren Fachgesellschaften eng zusammen, um gemeinsam Regelungen für die Produktion und Erschließung (Metadaten) zu erarbeiten, die im Metadatenprojekt der SUB (6.7) international und mit der Deutschen Bibliothek abgestimmt werden.
- Rückwärtige Digitalisierung gedruckt vorliegender Bestände betreut das Göttinger Digitalisierungszentrum (GDZ) (6.5); meist wird hier eine Bilddigitalisierung erfolgen, aber mindestens Inhaltsverzeichnisse und Register werden im Volltext digital erfaßt, um den Zugriff zu verbessern. Das in Göttingen koordinierte EROMM (European Register of Microform Masters) (6.6) wird auch diese retrodigitalisierten Bestände europaweit und in den Vereinigten Staaten zugänglich machen.
- Das Internet bietet nicht nur jedem Nutzer, sondern auch den Bibliotheken die Chance, Informationen und Materialien, die man selbst nicht besitzt, weltweit schnell zu erreichen. Die Bibliothek sieht dabei - vor allem in den Sondersammelgebieten - die Aufgabe darin, qualitativ wertvolle Quellen zugänglich zu machen. Deshalb werden Internetquellen systematisch gesichtet und bewertet (6.1), wie dies auch bei der gedruckten Literatur kontinuierlich geschieht. Aber auch andere Bibliothekskataloge, Dokumentenlieferdienste und Suchmaschinen werden angeboten (10 u. 11).
- Die SUB Göttingen gliedert ihren Service in das Dienstleistungsspektrum der Universität Göttingen ein. Sie kann sich dabei am Hochschulstandort auf das von der Gesellschaft für wissenschaftliche Datenverarbeitung Göttingen (GWDG) betreute GÖNET stützen (9). Für die Zukunft wird es darauf ankommen, durch enge Zusammenarbeit mit der GWDG und dem Klinikrechenzentrum sowie Partnern im multimedialen Bereich (z. B. dem Institut für den Wissenschaftlichen Film, IWF) Servicezentren für die digitale Information, Kommunikation und Publikation zu schaffen. In ihnen sollte nicht nur der Zugriff auf digitale Medien aller Art möglich sein, sondern der Umgang mit ihnen, aber auch die aktive eigene Produktion und Nutzung vermittelt werden. Die Aufstellung von Internet-PCs für Studenten im Neubau der SUB ist ein erster, kleiner Schritt in diese Richtung.
- Publizieren, Bereitstellen und Archivieren digitaler Texte und Medien wird eine wichtige Zukunftsaufgabe, von deren Bewältigung die Leistungsfähigkeit der Universität und ihrer Mitglieder wesentlich beeinflußt wird. Wurde die Universitätsbibliothek begründet, um die Grundlage für die wissenschaftliche Leistungsfähigkeit und das Ansehen ihrer Mitglieder zu sein, so fühlt sie sich dieser Aufgabe unter neuen technischen Voraussetzungen weiter verpflichtet - in Göttingen und (als Staatsbibliothek) auch darüber hinaus. Als Sitz der Verbundzentrale des Sieben-Länder-Verbundes GBV bemüht sie sich, auch als Motor für vergleichbare Entwicklungen in der Region zu wirken - und damit auch Schub in die Entwicklung in Deutschland und Europa zu bringen.
Elmar Mittler
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