In der vorliegenden Arbeit konnte gezeigt werden, daß der aus in vitro-differenzierten humanen und murinen dendritischen Zellen isolierte G-Protein-gekoppelte Rezeptor EDG6 auf mRNA-Ebene in hämatopoietischen und lymphatischen Geweben und Zellinien sowie in der Lunge exprimiert wird. Das Expressionsmuster ist in Mensch und Maus identisch und läßt auf eine mögliche Funktion des EDG6-Rezeptors im Immunsystem schließen. Das humane edg6-Gen ist auf Chromosom 19p13.3, das murine Homolog auf Chromosom 10 jeweils hinter dem Gna15/16-Gen lokalisiert. Auf Proteinebene konnte der humane und der murine Rezeptor in der richtigen Orientierung auf der Oberfläche EDG6-transfizierter Zellen nachgewiesen werden. Ferner sind drei monoklonale Antikörper hergestellt worden, die gegen den N-Terminus des murinen EDG6-Rezeptors gerichtet sind und deutliche Signale auf transfizierten Zellen zeigen, auf primären Zellen bislang jedoch keine eindeutigen Ergebnisse liefern.
Die Herstellung verschiedener stabil EDG6 überexprimierender Zellinien ermöglichte Untersuchungen bezüglich des Liganden sowie der G-Protein Kopplung und der Signaltransduktion von EDG6. Als ein spezifischer Ligand konnte Sphingosin-1-phosphat mit der moderaten Bindungskonstante von 63nM ermittelt werden. Die Stimulierung von EDG6 führt zur Aktivierung von G alpha i- und G alpha12/13-Untereinheiten trimärer G-Proteine. Über die G alpha i-Untereinheiten werden anschließend die Mitogen-aktivierten Proteinkinasen ERK1/2 sowie die Phospholipase C aktiviert. Ferner führt die Stimulierung des EDG6-Rezeptors zu deutlichen Zytoskelettveränderungen, die sich in einer erhöhten Anzahl peripherer Streßfasern, abgerundeter Zellen und besonders langer Filopodien äußern und vermutlich über G alpha 12/13 und Rho-GTPase-vermittelte intrazelluläre Signalwege induziert werden. Eine gewisse Pertussistoxin-sensitive und Liganden-unabhängige Basalaktivität des EDG6-Rezeptors ist in EDG6 überexprimierenden Jurkat-Zellen festzustellen, die eine deutlich erhöhte Spontanmigration zeigen. Allerdings lassen die Migrationsexperimente nicht auf eine durch EDG6 induzierte gerichtete Migration schließen.
Versuche bezüglich der Oberflächenexpression des EDG6-Rezeptors deuten auf eine komplexe zellspezifische Regulation des Oberflächentransports hin. In HEK293-Zellen konnte die Internalisierung des EDG6-Rezeptors nach Stimulierung mit Sphingosin-1-phosphat nachgewiesen werden, während EDG6 in CHO-K1-Zellen erst Minuten nach Sphingosin-1-phosphat-Stimulierung und in HeLa-Zellen Minuten nach Zugabe eines unbekannten Hitze-instabilen Serumproteins massiv an die Zelloberfläche transportiert wird. Diese Regulation scheint von einem freien EDG6-N-Terminus abhängig zu sein, da N-terminal Epitop markierte EDG6-Konstrukte nicht mehr dieser differentiellen Oberflächenregulation in HeLa-Zellen unterliegen und konstitutiv an der Zelloberfläche präsent sind.
Um die in vivo-Funktion des EDG6-Rezeptors näher untersuchen zu können, wurde ein embryonaler Stammzellklon zur Generierung edg6-defizienter Mäuse hergestellt. Möglicherweise moduliert EDG6 nach Bindung von freigesetztem Sphingosin-1-phosphat in autokriner und parakriner Weise die Immunantwort in Folge einer Stimulierung des Immunsystems, die beispielsweise durch eine Infektion induziert werden könnte.