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FU Berlin
Digitale Dissertation

Carmela Lorella Ausilia Bosco :
Das furchtbar-schöne Gorgonenhaupt des Klassischen
Deutsche Antikebilder (1755-1875)
The Frighteningly Beautiful Gorgon Head of the Classics

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|Zusammenfassung| |Inhaltsverzeichnis| |Ergänzende Angaben|

Zusammenfassung

Die Arbeit unternimmt den Versuch, etwa ein Jahrhundert deutscher Rezeptionsgeschichte klassischer Kultur zu untersuchen, und zwar hauptsächlich unter dem Gesichtspunkt des allmählichen Wandels des Antikebildes. Anfänglich ist das Bild der Antike durch die Ideale des Guten, des Wahren und des Schönen gekennzeichnet und wandelt sich dann allmählich - unter dem Zeichen des fremden Gottes Dionysos stehend - zum Ausdruck des Inhumanen. Die Verfasserin hat dabei bewußt auf Ergebnisse und Ansätze aus der Geschichte, der Theoriebildung und der Methodenreflexion der klassischen Philologie rekurriert, um den Rezeptionsvorgang antiker Stoffe, Motive und Autoren in dem hier untersuchten Zeitraum genauer umreißen zu können. In der Tat sind die wechselseitigen oder spiegelbildlichen Bezüge zwischen Literatur, Philosophie und Altertumswissenschaft häufig festzustellen in einer Epoche, wo der Begriff "klassische Bildung" dem von "Bildung" tout court gleichkommt.

Im Rahmen der Arbeit ist deshalb der Untersuchung der Bildungsvoraussetzungen bei allen Autoren (Goethe, Kleist, Heine, Nietzsche etc.) viel Platz eingeräumt worden. Die Modalitäten der Aneignung klassischer Bildung bedingen - mehr oder weniger unmittelbar - die Rezeption der Antike und die Bearbeitung antiker Stoffe. Im Hinblick darauf hat die Verfasserin ständig auf die Entwicklungen der Bildungsgeschichte und des Begriffs "Bildung" überhaupt im Laufe des 19. Jahrhunderts aufmerksam gemacht.

"Antike" bedeutet in diesem Zusammenhang fast ausschließlich griechische Antike, von der im Laufe des 19. Jahrhunderts zuerst die "klassische" Zeit, dann die ?dunklen Anfänge" und die archaische Epoche eine vorbildliche Rolle für die Moderne einnehmen. Trotz des Wandels des Antikebildes und der Entdeckung eines archaischen und antiklassischen Griechenlands hält diese Leitbildfunktion an und wird kaum in Zweifel gezogen, selbst bei Autoren wie Heine oder Nietzsche, wenngleich sie aber anders begründet wird als zuvor, und zwar durch die Inhumanität und die Barbarei.

Die Vorbildlichkeit besteht nicht zuletzt in der mythopoetischen Fähigkeit als Ausdruck des ganzheitlich begriffenen griechischen Weltbildes. Der Mythos übt eine kommunikative Funktion aus, die auch für die Moderne wieder zu entdecken ist ("Neue Mythologie") und durch die mythische Gestalt des Gottes Dionysos versinnbildlicht wird. Diese Mythos-Renaissance wäre jedoch ohne die Entstehung und die Fortschritte der modernen historischen Wissenschaft, die früher nicht geachtete oder bekannte Bereiche des Altertums zu erforschen begann, kaum denkbar gewesen. Die Wissenschaft vertieft das Bewußtsein der Distanz von der antiken Welt, welches man wiederum durch den Mythos zu überbrücken versucht (vgl. F. Nietzsche).

Ein starker utopischer Zug haftet von Anfang an der deutschen Antikerezeption an und geht in dem Paradigmenwechsel von "humaner" zu "inhumaner" Antike auch nicht verloren. Die griechische Vergangenheit und der griechische Mythos dienen zur Ortsbestimmung der Moderne, zur Kontrastfolie für die Gegenwart. Die Mythologisierung und die Idealisierung der Antike verarbeiten genau wie der Historismus einen Komplex von Krisenerfahrungen, die der Moderne Pate gestanden haben, und zwar vor allem die Sehnsucht nach ganzheitlich erfassenden Lebenserfahrungen angesichts des Umbruchs der traditionellen politischen, religiös legitimierten Ordnungen am Ende des 18. Jahrhunderts.


Inhaltsverzeichnis

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TITELSEITE UND INHALTSVERZEICHNIS

 

 

Siglenverzeichnisiii

 

Vorwort 1

 

I. Die Rezeption der klassischen Antike in Deutschland um 180019

  1. Winckelmann und die Folgen 19
  2. Lessings Antikebild 30
  3. Weimarer Klassik: Mythos und Legende 41

    3.1 Schillers ästhetische Schriften 48

    3.2 Das "verteufelt Humane" der Iphigenie auf Tauris 54

  4. "Abglanz eines Unwiederbringlichen" (Adorno): Hölderlins 61

    Griechenland

  5. Griechenland zwischen Geschichtlichkeit und 74

    Metatemporalität: Goethes "Faust. Zweiter Teil"

  6. Zusammenfassung 92

 

II. Penthesilea, das "Weib halb Furie, halb Grazie"98

  1. Einleitung 98
  2. Die Lustspiele: Vom "Guiskard" zum "Zerbrochenen Krug" 99
  3. "Der zerbrochene Krug" und "König Odipus" 107
  4. "Amphitryon" 112
  5. Die "Penthesilea" 121

5.1 Die Quellen 122

5.2 Die Prämissen und die Folgerungen 127

5.3 Das "dionysische Phänomen" in Kleists "Penthesilea" 144

5.4 "Penthesilea" und Kleists Auseinandersetzung mit Goethe 158

 

III. Die Antike und ihre Nachtseite: Mythenforschung und Altertumswissenschaft in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts163

  1. Die Entdeckung des "fremden" Gottes und Friedrich Schlegel 163
  2. Schellings "Philosophie der Mythologie" und der 181

"Offenbarung"

3. Creuzers Symbolik 194

4. Vom Umgang der klassischen Philologie mit dem neuen 205

Mythos- und Antikeverständnis

5. Bachofen 218

6. Fazit 230

 

IV. Die Götter im Exil238

  1. Klassizismus und klassische Bildung in der ersten Hälfte 238

des 19. Jahrhunderts

2. Heines "Nordsee"-Zyklen 253

3. Platen und die Plataniden 270

4. Vom Hellenentum und Nazarenentum 282

5. Getanzte Dichtung: "Die Göttin Diana" und 305

"Der Doktor Faust"

 

V. Nietzsche, die klassische Philologie und die tragische

Weltanschauung322

1. Ein unzufriedener klassischer Philologe? 322

1.1 Nietzsches Bildungsgang 322

1.2 Die frühen Jahre in Basel 337

2. "Die Geburt der Tragödie" 349

2.1 Entstehung 349

2.2 Theorie des Apollinischen und des Dionysischen 353

2.3 Aufstieg und Niedergang der griechischen Tragödie 356

2.4 Wiedergeburt des tragischen Mythos 367

3. Der Streit um "Die Geburt der Tragödie" 373

4. Die Philologie zu Ende bringen: Über den Nutzen und 381

Nachteil der Wissenschaft für das Leben

 

Bildquellen 403

Literaturverzeichnis406


Ergänzende Angaben:

Online-Adresse: http://www.diss.fu-berlin.de/2001/244/index.html
Sprache: Deutsch
Keywords: classical antiquity german literature reception
DNB-Sachgruppe: 53 Deutsche Sprach- und Literaturwissenschaft
Datum der Disputation: 11-Jul-2001
Entstanden am: Fachbereich Philosophie und Geisteswissenschaften, Freie Universität Berlin
Erster Gutachter: Prof. Dr. Gert Mattenklott
Zweiter Gutachter: Prof. Dr. Bernd Bräutigam
Kontakt (Verfasser): lorbosco@gmx.de
Kontakt (Betreuer): umwege@zedat.fu-berlin.de
Besondere Bemerkungen: Die Arbeit ist nur mit dem Adobe Acrobat 5.0 Reader zu lesen
Abgabedatum:29-Nov-2001
Freigabedatum:07-Dec-2001

 


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