1795-1806 Göttingen, Helmstedt und Braunschweig: Studium, Promotion und der erste Ruhm

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Gauß im Alter von 26 Jahren. Pastell von
Johann Christian August Schwarz












Die Paulinerkirche, die zunächst als Universitätskirche, dann für die Universitätsbibliothek genutzt wurde. Im Jahr 2000 konnte der Saal nach umfangreichen Renovierungsarbeiten wieder in historischer Form der Öffentlichkeit übergeben werden.

1795 - 1806
Nach seiner schulischen Ausbildung in Braunschweig begab sich Gauß im Jahre 1795 an die Georg-August-Universität. In Göttingen studierte er an der Philosophischen Fakultät, zu der in dieser Zeit alle Fächer außer Theologie, Jura und Medizin gehörten. Großen Eindruck auf den jungen Gauß machte der Altphilologe und Bibliotheksdirektor Heyne. Weniger angetan war Gauß dagegen von den Vorlesungen seines Mathematikprofessors, dem schon alten Abraham Kästner. Gauß blieb bis in den Herbst 1798 in Göttingen; ein Jahr später wurde er an der Universität Helmstedt promoviert.

Gauß studierte in Göttingen an der Georg-August-Universität, seine Dissertation schrieb er jedoch an der Universität in Helmstedt, die Ende des 18. Jahrhunderts im Schatten der Göttinger Universität stand. Ein Grund für den Wechsel nach Helmstedt war, dass Gauß mit dem führenden Mathematiker in Göttingen, Abraham Gotthelf Kästner (1719-1800), seine Probleme hatte, der wegen seines fortgeschrittenen Alters die neuen genialen Überlegungen von Gauß nicht mehr ausreichend würdigen konnte.
Ein weiterer Grund für den Wechsel von Göttingen nach Helmstedt war sicher auch der Wunsch seines Förderers Carl Wilhelm von Braunschweig-Lüneburg, der Gauß zwar das Studium in Göttingen und außerhalb seines Herzogtums finanziert hatte, den Abschluss aber an der Universität in Helmstedt, also im Lande Braunschweig-Wolfenbüttel, wünschte. Göttingen lag im - ebenfalls von den Welfen regierten - Herzogtum Braunschweig-Lüneburg, das seit 1692/1708 Kurfürstentum war und seit 1714 mit dem Königreich Großbritannien in Personalunion regiert wurde.
Der Beweis für den Fundamentalsatz der Algebra, den Carl Friedrich Gauß in seiner Dissertationsschrift erbracht, war so überzeugend, dass ihm die mündlichen Prüfungen und die öffentliche Disputation der Arbeit erlassen wurden.

Auch nach seiner Dissertation wurde Gauß weiterhin von Herzog Carl Wilhelm Ferdinand zu Braunschweig-Lüneburg gefördert. Als Privatgelehrter in Braunschweig gelang es Gauß im Jahre 1801, die Berechnung der Bahn des Planetoiden Ceres. Diese spektakuläre Entdeckung führte dazu, dass Gauß im folgenden Jahr sowohl von der Akademie der Wissenschaften in St. Petersburg als auch von der königlichen Gesellschaft der Wissenschaften (der Vorgängerin der heutigen Akademie der Wissenschaften) in Göttingen als Mitglied aufgenommen wurde.

Im Jahre 1805 heiratete Gauß Johanna Osthoff; im August des folgenden Jahres wurde das erste Kind, Carl Joseph, geboren.


Christian Gottlob Heyne (1729-1812)
Heyne war wohl der bedeutendste Göttinger Professor im letzten Drittel des 18. Jahrhunderts. Von 1763 bis 1809 war Heyne Professor für Beredsamkeit und Poetik; seit 1770 war er Sekretär der Sozietät der Wissenschaften, der Vorläuferinstitution der Akademie der Wissenschaften.
Heyne stellte mehrere Werkausgaben antiker Dichter zusammen, darunter eine vierbändige Ausgabe der Werke Vergils; seit 1767 hielt Heyne auch Archäologie-Vorlesungen.
Die größte Wirkung hatte Heyne jedoch als Bibliothekar. Während Heynes Amtszeit als Direktor der Göttinger Universitätsbibliothek stieg der Bücherbestand von 60.000 auf 200.000.Um die Benutzbarkeit der Bücher zu gewährleisten, entwickelte Heyne ein neues Katalogsystem, das andere Bibliotheken übernahmen. Von 1776 bis 1789 wurde der alphabetische Katalog angelegt, kurz vor der Wende zum 19. Jahrhundert begannen die Arbeiten am systematischen Katalog.

Abraham Gotthelf Kästner (1719-1800)
Kästner kam im Jahre 1756 als Professor für Mathematik und Physik an die Georg-August-Universität Göttingen. Als Gauß in Göttingen studierte, war Kästner schon fast 80 Jahre alt. Dem betagten Professor unterliefen während seiner Vorlesungen immer wieder Konzentrationsfehler. In einer Tuschzeichnung karikierte Gauß diese Rechenschwäche. Kästner steht während einer Vorlesung an der Tafel und demonstriert eine Addition (0,301036 + 1,812179) – deren Ergebnis allerdings falsch ist: Die Summe lautet statt 2,108135 korrekt 2,113215.

Die Georg-August-Universität Göttingen
Die Göttinger Universität wurde 1737 durch Georg August gegründet, der Kurfürst von Hannover und zugleich König von Großbritannien war. Dank ihrer guten finanziellen Ausstattung, ihrer vorzüglichen Bibliothek und der in Göttingen praktizierten Lehr- und Wissenschaftsfreiheit stieg die Georg-August-Universität schnell zur führenden deutschen Universität auf.
Das hohe Ansehen, das sich die Georg-August-Universität schon wenige Jahrzehnte nach ihrer Gründung genoss, zeigt ein Brief, den Goethe am 11. Januar 1785 an den Göttinger Mathematiker und Physiker Kästner schrieb:
Die Capuziner auf dem Gotthard, die sich meiner erinnerten, haben auf Bitten ihrer Mayländischen Freunde an mich geschrieben, und da ich ihnen als berühmter Mann bekannt war, so glaubten sie, ich könne nicht anderes als ein Göttinger Professor seyn.

Johanna Elisabeth Rosina Osthoff (1780-1809)
Carl Friedrich Gauß heiratete im Oktober 1805 Johanna Elisabeth Rosina Osthoff, die Tochter eines Weißgerbermeisters in Braunschweig. Vermutlich hatte Gauß sie kennen gelernt, als er in der Nähe des alten Braunschweiger Bahnhofs mit einem Sextanten das Land vermaß. In einem dort angefertigten Feldbuchblatt findet sich neben vielen anderen Aufzeichnungen auch der Name seiner späteren Frau.
Nach nur vier Jahren Ehe verstarb Johanna Gauß bei der Geburt des Sohnes Louis, der ebenfalls nicht lange überlebte. Seiner tiefen Trauer über den Verlust seiner geliebten Frau gab Gauß in einer bewegenden Totenklage Ausdruck: Siehst du geliebter Schatten meine Tränen? Du kanntest ja, solange ich Dich die meine nannte, keinen Schmerz als den meinigen, und brauchtest zu Deinem Glücke Nichts, als nur mich froh zu sehen! Selige Tage! Ich armer Tor konnte ein solches Glück für ewig halten, konnte wähnen, Du einst verkörperter und jetzt wieder neu verklärter Engel seiest bestimmt, mein ganzes Leben hindurch alle kleinlichen Bürden des Lebens mir tragen zu helfen? Womit hatte ich denn Dich verdient?

Carl Joseph Gauß (1806-1873)
Am 21. August 1806 wurde der älteste Sohn von Carl Friedrich Gauß geboren, der den Namen Joseph nach dem italienischen Astronomen Giuseppe Piazzi, dem Entdecker des Planetoiden Ceres, erhielt. Er trat 1824 in den hannoverschen Militärdienst ein und nahm an der Landvermessung des Königreiches teil. Nach 22 Jahren wechselte Joseph Gauß vom Militär zur Eisenbahnverwaltung des Königreichs Hannover, in der bis zum Oberbaurat aufstieg. Carl Joseph Gauß starb am 4. Juli 1873.

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